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3 Überlegungen zu “konstruktivem Versagen” im E-Learning

3 Überlegungen zu “konstruktivem Versagen” im E-Learning
Konstruktives Versagen im E-Learning

Neulich unterhielt ich mich mit einem E-Learning-Community-Mitglied zum Thema Schwierigkeitsgrade im E-Learning und sie berichtete, sie habe von Ihrem Chef die Vorgabe, die E-Learning-Kurse möglichst einfach zu halten. Sie würde gerne kreativere und leistungsorientiertere Kurse erstellen, aber das Augenmerk liege vor allem darauf, dass die Teilnehmer das Quiz möglichst einfach absolvieren und bestehen könnten.

Kennen Sie das auch? Der Erfolg der Kurse wird am Bestehen des Quiz gemessen, weswegen das Quiz möglichst wenig Herausforderung bieten soll.

Das ist schade. Für manche Themen wie beispielsweise das Führen eines Mitarbeitergesprächs reicht es nicht aus, einen Fragebogen zu beantworten. Stattdessen brauchen die Lernenden die Erfahrung, Misserfolge zu haben und daraus zu lernen. Fehler sind unvermeidbar und ein sehr wichtiger Teil des Lernprozesses!

Mit Misserfolgen meine ich übrigens nicht destruktives Versagen, das zu Unsicherheit und angeknackstem Selbstbewusstsein führt. Vielmehr spreche ich von einer Lernumgebung, die Fehler erlaubt und zeigt, wie es besser gemacht werden kann.

Wie platziert man jedoch solche “Hürden” in einem Arbeitsumfeld, in dem Fehler mit Versagen und Gesichtsverlust gleichgesetzt werden? Hier sind 3 Ideen dazu:

Positionieren Sie konstruktives Versagen als Form von Risikomanagement

Viele Menschen scheuen sich davor, Risiken einzugehen, weil sie versagen könnten. Aber dieses Vermeiden ist nicht realistisch und fördert weder das eigene noch das betriebliche Wachstum.

Nachhaltiger ist ein aktives Risikomanagement – eine Disziplin, die wunderbar mit E-Learning bearbeitet werden kann. Wenn E-Learning mit Blick auf die Leistung der Mitarbeiter entwickelt wird, kann es die Mitarbeiter ermutigen, Risiken in einem vorhersehbaren Umfeld zu erkunden. Sie haben die Möglichkeit, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in einer sicheren Lernumgebung zu testen und auszuprobieren, Konsequenzen kennenzulernen und konstruktives Feedback zu erhalten, was sie gut gemacht haben und wo sie sich noch verbessern können.

E-Learning bietet hier also auch die Chance, dass Mitarbeiter sich selbst testen und daraus lernen können.

Verdeutlichen Sie, dass Lernen ein Prozess ist

Manchmal wird Lernen wie ein einmaliges Ereignis behandelt – der Mitarbeiter nimmt an einem Kurs teil und danach weiß er alles Notwendige. Ähnlich wie bei einer Maschine, bei der man eine Software installiert und dann läuft sie. Wir alle wissen, dass es so jedoch nicht funktioniert. Ein absolviertes Quiz oder ein bestandener Lerntest zeigt nur eine Momentaufnahme und ist kein Indikator, ob der Mitarbeiter die Fähigkeit erlernt hat, in einer kritischen Situation das Wissen anzuwenden.

Wenn Ihre Organisation also derart auf Quiz-Ergebnisse fokussiert ist, sprechen Sie über Lernen als dynamischen Prozess, basierend auf Anwendung des Wissens und Wiederholungen. Noch dazu ist der Lernprozess sehr individuell und komplex.

Mit anderen Worten: Sie sollten betonen, dass für einen erfolgreichen Lernprozess auch eine Lernumgebung zum Üben benötigt wird – was in der Regel aus einem Versuch, dem (potenziellen) Versagen, konstruktivem Feedback und einem erneuten Versuch besteht.

Adressieren Sie Ihre eigenen Versagensängste

Niemand findet es gut, Misserfolg oder “konstruktives Versagen” zu erleiden – auch nicht Instructional Designer. Deshalb hier ein paar praktische Tipps, um es zu überwinden:

  • Definieren Sie die Erwartungen und setzen Sie klare, erreichbare Ziele. Haben Sie Bedenken, dass Ihre Lernenden nicht motiviert sind, an Ihrem E-Learning-Kurs teilzunehmen? Menschen sind definitiv motivierter und engagierter, wenn sie verstehen, wie relevant der Kurs oder die Inhalte für sie sind. Zeigen Sie ihnen also, was sie lernen werden und wie dieses Wissen ihnen in Zukunft weiterhilft.
  • Entwickeln Sie zielgerichtete, relevante und überzeugende Inhalte. Eine typische Sorge von Instructional Designern ist, dass die Lernenden während des Kurses einfach “abschalten” und nur noch stumpf durch die Seiten klicken. Aber nur weil die Inhalte nicht die spannendsten sind, bedeutet das nicht, dass Sie sie nicht in einer interessanten Art und Weise präsentieren können.
    Zum Beispiel können Sie den reinen (passiven) Leseanteil gering halten und stattdessen vermehrt mit Interaktionen arbeiten. Oder Sie verdeutlichen die Bedeutung und Konsequenzen von Richtlinien und Prozessen in einer realen Geschichte, einem Szenario.
  • Vertrauen Sie Ihren Lernenden. Manchmal werden Lernprozesse “überkontrolliert”, indem alle Texte auf der Seite auch noch als Audio vorgelesen werden, die Navigation erst geöffnet wird, wenn alle Inhalte gelesen (oder zumindest angeklickt) wurden oder der Kurs nur mit 100 % als bestanden erklärt wird. Solche Maßnahmen sollen verhindern, dass wichtige Inhalte übersehen werden oder dass gar geschummelt wird. Aber trauen Sie sich ruhig, Ihren Lernenden einen Vertrauensvorschuss zu geben und sie selbstbestimmter Ihre Kurse absolvieren zu lassen – sie werden es Ihnen danken.
  • Machen Sie klar, an welchen Stellen die Lernenden bewertet werden und wann sie üben können. Das wird vor allem vor Verunsicherungen schützen, so dass die Teilnehmer keine Bedenken haben, Fehler zu machen oder einfach mal eine falsche Antwort zu geben, um zu sehen, was die Konsequenz wäre.

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