Heute berichtet Gastblogger Ralf Hilgenstock aus seiner E-Learning-Praxis: Er ist Mitinhaber von eLeDia eLearning im Dialog und seit über dreißig Jahren im Bildungssektor und seit fünfzehn Jahren im E-Learning tätig. Er gilt als deutscher Pionier und einer der besten Kenner der Open-Source-Lösung Moodle. |
Sie haben eine oder mehrere Lizenzen einer Autorensoftware erworben oder planen, dies zu tun – warum sollten Sie zugleich überlegen, eine Lernplattform (LMS) einzusetzen?
Autorensoftware und Lernplattformen decken unterschiedliche Aufgabenbereiche im E-Learning ab. Mit Articulate Storyline z. B. haben Sie ein Werkzeug, um Lerninhalte aufzubereiten und attraktiv zu gestalten. Der Lerninhalt muss nach der Erstellung jedoch noch seinen Weg zum Teilnehmer finden.
Lernpakete können im einfachsten Fall auf einer Webseite oder im Intranet als Flash-Datei oder im HTML5-Format hinterlegt werden. Über das Webseitenmonitoring kann man erfassen, wie häufig die Seite aufgerufen wurde. Eine Kontrolle, welche Mitarbeiter zugegriffen haben und wie erfolgreich sie den Lerninhalt bearbeitet haben, ist so nicht möglich.
Hier kommen Lernplattformen ins Spiel. Lernplattformen sind eigenständige Softwaresysteme, die auf Webservern betrieben werden. Nutzer erhalten einen persönlichen Zugang und Zugriff auf die Lerninhalte.
Articulate Storyline-Inhalte beispielsweise, die im Format SCORM exportiert wurden, kommunizieren während der Bearbeitung durch die Teilnehmer mit der Lernplattform. Der Zugriff, der Lernfortschritt und der Lernerfolg werden in der Datenbank der Lernplattform gespeichert.
Damit wird folgendes Monitoring möglich:
- Haben alle Teilnehmer das Trainingsprogramm absolviert?
- Wie erfolgreich waren die einzelnen Teilnehmer?
- Wie verteilt sich die Erfolgsquote über alle Nutzer?
- Wie viel Zeit haben die Teilnehmer für die Bearbeitung aufgewandt?
Es gibt eine große Anzahl von Lernplattformen am Markt. Deshalb ist es wichtig, zu Beginn der Auswahl klare Anforderungen zu benennen, um die infrage kommenden Anbieter einzugrenzen.
Welche Lernszenarien sollen unterstützt werden?
Es beginnt mit dem Bereitstellen von Lerninhalten im Format SCORM, vielleicht sollen zusätzlich Dokumente und Tests bereitgestellt werden.
Ein Kurs kann nicht nur aus einer Lernaktivität bestehen, sondern eine Vielzahl derselben enthalten. Einige Lernplattformen beschränken sich darauf, SCORM-Pakete zu verteilen. Andere haben vielfältige Werkzeuge im Angebot, mit denen Lerninhalte direkt in der Lernplattform bearbeitet werden können.
Überlegen Sie, in welcher Weise Kommunikation und Diskussion in den Kursen wichtig sind. Foren, Chat oder Live-Webinare sind Möglichkeiten. Brauchen Sie auf Ihrer Lernplattform nur ein zentrales Forum oder je Kurs ein Forum? Vielleicht aber auch in einem Kurs mehrere Foren zu verschiedenen Themen? Wenn E-Learning komplexe Themen behandelt oder Teil eines längeren Lernprozesses ist, wird die Kommunikationsmöglichkeit sehr wichtig.
Testfragen können Teil Ihres Kurses sein. Wenn Sie große zentrale Lernfragenpools mit Standardfragetypen verwalten wollen, sind Lernplattformen meist noch flexibler.
Welche Möglichkeiten haben Sie, den Zugriff auf Kurse zu organisieren?
Nicht jeder Nutzer soll alle Inhalte sehen können. Die Lernplattform sollte verschiedene Einschreibemethoden unterstützen. Offene Kurse zur Selbsteinschreibung, kennwortgeschützte Kurse, Kurse mit manueller Einschreibung sind einige Optionen.
Bei größeren Unternehmen sollte geprüft werden, ob die Nutzerverwaltung und die Einschreibung in Kurse automatisch aus bestehenden Softwaresystemen erfolgen kann. Viele Lernplattformen haben dafür bereits Schnittstellen. Auch ein Single-Sign-on aus dem Mitarbeiterportal dient der Akzeptanz.
Es geht ums Lernen. Dennoch sind Berichte wichtig.
Die Lernplattform stellt Detailinformationen zu einzelnen Testversuchen, Kursergebnissen und Nutzungsweise zur Verfügung. Klären Sie, welche Daten an Ihre zentrale Kursverwaltung zurückgegeben werden können, in der schon Daten der Präsenzkurse- und -unterweisungen vorliegen.
Gehostet, in der Cloud oder on premise?
Es geht um die Frage, wo die Daten verwaltet werden. Kann eine Lernplattform nur in einer zentralen Cloud oder auch auf Ihren firmeneigenen Servern (on premise) betrieben werden? Gibt es hierfür betriebliche Vorgaben? Welches Modell ist für Sie am flexibelsten und welche Lizenzformen (Server, Nutzerzahl, je Modul) gibt es?
Ist der Anbieter flexibel, wenn sich Ihre Anforderungen ändern?
Im Bildungsbereich ändern sich die Anforderungen fortlaufend: neue Produkte, neue Konzepte, neue Ideen. Klären Sie frühzeitig, welche Möglichkeiten eine Lernplattform bietet, um neue Funktionen zu aktivieren oder hinzuzufügen.
P.S.: Im E-Learning werden die Fachbegriffe sehr kreativ verwandt. Ein Begriff kann bei verschiedenen Anbietern unterschiedliche Bedeutungen haben. Fragen Sie im Zweifel nach, was genau ein Anbieter unter einem Begriff versteht.
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