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E-Learning besser machen – durch barrierearme, intuitive Gestaltung

E-Learning besser machen – durch barrierearme, intuitive Gestaltung

Wer E-Learning-Kurse entwickelt, will natürlich, dass die Teilnehmer die festgelegten Lernziele erreichen, will sie aber im Idealfall auch begeistern. Was aber, wenn weder Lernerfolg noch Begeisterung möglich sind, weil einige Menschen gar nicht am Kurs teilnehmen können, sei es weil sie körperliche Beeinträchtigungen haben, sei es weil der Kurs selbst es ihnen durch seine Gestaltung schwermacht?

In diesem Artikel beleuchten wir die Themen Benutzerfreundlichkeit und Barrierefreiheit und besprechen, wie Sie die Prinzipien dahinter anwenden können, um Ihre Kurse für alle Teilnehmer zu einem runderen Erlebnis zu machen. Außerdem geben wir Ihnen Tipps zum Review- und Test-Prozess, damit Sie sicher sein können, dass Ihre Kurse die oben genannten Anforderungen tatsächlich erfüllen.

Was bedeutet Barrierefreiheit?

Barrierefreiheit bezeichnet den Anspruch, Erlebnisse für alle Menschen gleichermaßen möglich zu machen, egal welche Fähigkeiten, Möglichkeiten oder Einschränkungen sie haben.

Im E-Learning sprechen wir von barrierefreien (oder barrierearmen) Inhalten, wenn sie so aufbereitet wurden, dass alle Menschen sie konsumieren können – auch solche mit auditiven, visuellen, motorischen, kognitiven oder anderen Einschränkungen. Starke Kontraste z. B. helfen Menschen mit Fehlsichtigkeit; ebenso schriftliche Erklärungen visueller Inhalte wie Bilder und Videos.

Allgemein anerkannte Standards und Empfehlungen zur Barrierefreiheit im Internet werden international in den WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) und in Deutschland in der BITV (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung) dargestellt.

Was bedeutet Benutzerfreundlichkeit?

Die Benutzerfreundlichkeit (oft auch auf Englisch bezeichnet: Usability) im E-Learning misst, wie unkompliziert ein Kurs zu bedienen ist. Die Bedienung sollte einfach, intuitiv, effizient und effektiv sein. So sollte z. B. jederzeit klar sein, welche Elemente auf dem Bildschirm angeklickt werden können und was passiert, wenn sie angeklickt werden.

Die Nielsen Norman Group ist ein Unternehmen, das sich die Verbesserung unserer Interaktionen mit alltäglicher Technik auf die Fahnen geschrieben hat. Nach ihrer Definition lässt sich Benutzerfreundlichkeit in fünf Aspekte aufgliedern, die auch auf E-Learning-Kurse anwendbar sind:

  • Lernbarkeit. Grundlegende Handgriffe sollten einfach auszuführen sein, selbst bei der ersten Begegnung.
  • Effizienz. Barrieren, die Teilnehmer daran hindern könnten, den Kurs effizient zu absolvieren, sollten ausgeräumt werden.
  • Merkbarkeit. Teilnehmer, die einen Kurs fortsetzen, sollten nicht wieder von vorne anfangen müssen.
  • Umgang mit Fehlern. Das Auftreten – und Beheben – von Fehlern sollte den Lernfluss nicht behindern.
  • Zufriedenheit. Der Umgang mit dem Kurs und dem Inhalt sollte angenehm und stressfrei sein.

Wenn Barrierefreiheit und Benutzerfreundlichkeit zusammenkommen

Inhalte möglichst barrierefrei zu gestalten, kommt allen zugute. Untertitel und Transkripte zum Beispiel helfen nicht nur tauben oder schwerhörigen Menschen. Sie ermöglichen auch, dass Menschen in einer lauten Umgebung am Kurs teilnehmen können oder in einer, in der Stille gefordert ist. Untertitel und Transkripte helfen auch Menschen, deren Muttersprache nicht die des Kurses ist.

Barrierefreiheitsempfehlungen wie Untertitel und Transkripte einzubauen bedeutet aber nicht automatisch, dass Ihr Kurs Teilnehmern das benutzerfreundlichste Erlebnis bietet. Umgekehrt kann ein Kurs mit sehr hoher Benutzerfreundlichkeit für Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen dennoch unbrauchbar sein. Ein optisch eindrucksvoller Kurs mag für manche Teilnehmer den Spaß und damit den Lerneffekt steigern. Wenn in diesem Kurs allerdings Farben und andere visuelle Elemente als alleinige Informationsträger eingesetzt werden, stellt das Barrieren für fehlsichtige Menschen dar.

Es geht also darum, in der E-Learning-Entwicklung die Prinzipien der Barrierefreiheit mit denen der Benutzerfreundlichkeit zu verschmelzen. So entstehen Lernerfahrungen, die wirklich allen gleichermaßen den maximalen Nutzen bringen.

Auf Barrierefreiheit und Benutzerfreundlichkeit testen

Die beste Möglichkeit, herauszufinden, ob der Kurs, den Sie gerade erstellt haben, barrierefrei und benutzerfreundlich ist, sind genau darauf ausgelegte Tests. Wenn Sie solche Tests noch nie durchgeführt haben, fühlen Sie sich vielleicht überfordert, aber keine Sorge, wir empfehlen Ihnen ein paar bewährte Testwerkzeuge und geben Ihnen darüber hinaus noch einige Tipps aus unserer langjährigen Erfahrung.

Barrierefreiheitstests

Barrierefreiheitstests können manuell aber auch automatisiert durchgeführt werden. Beide Formen haben Vor- und Nachteile. Im Idealfall verbinden Sie beide Ansätze.

Automatisierte Tests

Automatisierte Testwerkzeuge prüfen E-Learning-Kurse auf bekannte Problempunkte in der Barrierefreiheit. Um diese Tools einzusetzen, brauchen Sie weder große Erfahrung noch tieferes Fachwissen. Einige bewährte Tools sind:

Solche Tools sind natürlich ungemein praktisch und zeitsparend, aber leider sind sie nicht in der Lage, alle Probleme zu finden. Auch falschpositive Meldungen sind möglich, ebenso wie Fehlinterpretationen, was die konkreten Barrierefreiheitsanforderungen angeht. Und es kann vorkommen, dass verschiedene Tools unterschiedliche Ergebnisse liefern.

Manuelle Tests

Aus dem oben Gesagten folgt, dass automatisierte Tests auf jeden Fall ein guter Anfang sind, aber durch manuelle Tests ergänzt werden sollten. Am besten, Sie gehen Ihren Kurs Folie für Folie durch (oder noch besser: lassen ihn von unabhängigen Augen prüfen). Das muss gar nicht so umfangreich und unübersichtlich werden, wie Sie vielleicht befürchten. Um Ihnen das Leben leichter zu machen, haben wir Ihnen eine Checkliste zusammengestellt, in der Sie barrierefreie Gestaltungsvorgaben für Texte, Bilder, Videos und interaktive Elemente in E-Learning-Kursen übersichtlich aufgeführt finden: Accessible E-Learning Checklist. Einige zentrale Punkte aus der Liste:

  • Prüfen Sie die Ergebnisse automatisierter Tests noch einmal manuell.
  • Vergewissern Sie sich, dass die Tastaturnavigation lückenlos funktioniert (Vor- und Zurückblättern, Links anklicken, Menüs bedienen, Interaktionen absolvieren, usw.) und dass alle wichtigen Elemente von Screenreadern erfasst werden.
  • Verwenden Sie unkomplizierte und inklusive Sprache, die der Zielgruppe angemessen ist, und geben Sie wo immer nötig Hinweise zu Barrierefreiheitsfunktionen.

Für diese manuellen Tests müssen Sie sich natürlich deutlich mehr mit dem Thema auseinandersetzen als für automatisierte Tests, aber nur so können Sie wirklich sicherstellen, dass Ihr Kurs für möglichst viele Menschen das beste Lernerlebnis bietet. Auf unserem Blog haben wir uns diesem Thema schon oft gewidmet. Hier ist eine erste Auswahl an Artikeln, die Sie interessieren dürften, wenn Sie tiefer ins Thema eintauchen möchten:

Benutzerfreundlichkeitstests

Benutzerfreundlichkeitstests (oder Usability-Tests) werden von Menschen durchgeführt, die E-Learning-Kurse auf Herz und Nieren prüfen. Wenn Sie in den Kreis Ihrer Usability-Tester Menschen mit Behinderung und solche, die auf Hilfsmittel wie Screenreader angewiesen sind, aufnehmen, können Sie direkt zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Fazit

Wir hoffen, Sie mit diesem Artikel weiter motiviert zu haben, noch barriereärmere und benutzerfreundlichere E-Learning-Kurse zu entwickeln. Viel Erfolg und viel Freude.

 

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