
Sie haben gerade einen fantastischen E-Learning-Kurs fertiggestellt – mit wunderschönen Bildern, unterhaltsamen Texten und sinnvollem Wissenstest – und wollen ihn abliefern, aber da bekommen Sie die Nachricht, dass der Kurs in 10 weitere Sprachen übersetzt und weltweit eingesetzt werden soll.
Sofort fragen Sie sich, wie Ihre Texte in den übersetzten Versionen wohl rüberkommen werden. Können alle Menschen in der weltweiten Zielgruppe mit den Bildern und Grafiken etwas anfangen? Und wird der Lerneffekt für alle derselbe sein, egal welche Sprache sie sprechen?
Nicht verzagen! Noch ist es nicht zu spät, Ihren Kurs für eine weltweite Lernerschaft anzupassen. Überprüfen Sie Ihren Kurs am besten auf die unten genannten Punkte, bevor Sie ihn ans Übersetzerteam schicken, damit der Übersetzungsprozess reibungslos abläuft und der Kurs in anderen Sprachen nicht sein Ziel verfehlt.
Für Ihr nächstes E-Learning-Projekt können Sie diese Punkte direkt von Anfang an mit bedenken, wenn Sie wissen (oder vermuten), dass der Kurs in mehreren Sprachen angeboten werden soll. Hilfreich in diesem Zusammenhang ist auch unser Artikel zur Zielgruppenanalyse.
Wir haben unsere Tipps in zwei Gruppen eingeteilt: Tipps zu Texten und Tipps zur Gestaltung.
Tipps für die Texte
1. Aktiv formulieren
Schreiben Sie, was Sie meinen, und vermeiden Sie unnötige Worthülsen. Vermeiden Sie das Passiv, und seien Sie sparsam mit Adjektiven und Adverbien.
❌ Ihr Fahrrad wurde beschädigt.
✅ Ein Auto hat ihr Fahrrad beschädigt.
2. Kurze und prägnante Sätze
Ihr Ziel ist es, dass die Lernenden Ihre Inhalte verstehen. Kurze, prägnante Sätze sind leichter zu verstehen – und zu übersetzen. Vergessen Sie nicht: Man kann nur übersetzen, was man auch versteht. Wenn also Ihre Übersetzerin Ihre Texte missversteht, wird sie sie auch falsch übersetzen. Und darunter leiden am Ende die Lernenden.
❌ Anna will nächste Woche ihre Großeltern nach ihrem Geschäftstermin in der Nähe von München besuchen.
✅ Anna fährt nächste Woche zu einem Geschäftstermin nach München. Danach will sie ihre Großeltern besuchen, die dort in der Nähe wohnen.
3. Einfache Vokabeln verwenden
Vermeiden Sie übertriebenen Fachjargon, umgangssprachliche Ausdrücke, Szenesprache, Dialekt und ähnliches. Solche Elemente lassen sich meist nur schwer adäquat übersetzen. Außerdem erschweren Sie das Textverständnis – auch Muttersprachlern!
❌ Sag Bescheid, wenn du deine Siebensachen beisammen hast.
✅ Sag Bescheid, wenn du alles hast, was du brauchst.
Natürlich sind Fachbegriffe je nach Kursinhalt und Zielgruppe angebracht, ebenso Formulierungen, die zum Branding des Unternehmens gehören. Wenn Sie davon viel in Ihren Texten haben, verwenden Sie am besten ein Übersetzungstool wie Articulate Localization, in dem Sie für Ihre Übersetzer ein Glossar anlegen können, in dem all diese Begriffe definiert sind. So werden sie immer richtig verstanden und übersetzt.
4. Begriffe einheitlich verwenden
International betrachtet haben wir Deutschen eine überdurchschnittliche Abneigung gegen Wortwiederholungen. In der Schule werden sie uns als schlechter Stil angekreidet, und seitdem vermeiden wir sie wie die Pest. Wenn wir allerdings nicht den nächsten Pulitzerpreis gewinnen wollen, sondern Lerninhalte effektiv rüberbringen wollen, ist Konsistenz zehnmal wichtiger als zu demonstrieren, was für ein großes Vokabular man hat, erst recht, wenn die Texte übersetzt werden sollen. Denn mehrere Synonyme für dieselbe Sache können im Lernkontext schnell Verwirrung und sogar Missverständnisse auslösen.
❌Ein Autorentool ist ein Programm, mit dem Sie E-Learning-Projekte erstellen können. Es gibt viele solcher Autorenapps auf dem Markt.
✅ Ein Autorentool ist ein Programm, mit dem Sie E-Learning-Projekte erstellen können. Es gibt viele solcher Autorentools auf dem Markt.
5. Humor, Anspielungen, Insider, kulturspezifische Analogien und Emojis vermeiden
Wer ist nicht ab und zu versucht, Texte in E-Learning-Kursen durch einen kleinen Scherz oder eine Anspielung aufzupeppen? Schließlich soll ja nicht alles so trocken rüberkommen. Nur ist Humor sehr stark von der Kultur bzw. Sprache geprägt, ebenso Anspielungen und Analogien. Diese Elemente können in Übersetzungen schnell schief wiedergegeben werden, entweder weil es keine sinnvolle Entsprechung in der Zielsprache gibt oder weil die Übersetzer den Witz bzw. die Anspielung schlicht nicht verstehen oder gar nicht erst als solchen registrieren. Selbst Emojis – die ja eigentlich sprachneutral sind – werden selbst innerhalb einer Sprachgemeinschaft von verschiedenen Gruppen unterschiedlich interpretiert und verwendet. Wenn sie also Inhalte für eine internationale Zielgruppe erstellen, sollten Sie auf kulturspezifische und andere interpretationsanfällige Elemente verzichten.
❌ Du bist am Ball. (Sportanalogie)
✅ Jetzt liegt es in deiner Verantwortung.
6. Bildliche Sprache und übertragene Bedeutung vermeiden
Dieser Punkt ähnelt dem vorigen, ist aber vielleicht noch ein wenig schwieriger zu beachten. Denn unsere Sprache steckt voller alltäglicher Formulierungen, die nicht das bedeuten, was die Wörter in ihr vermuten lassen würden. Wer „auf dem Schlauch steht“, ist weder bei der Gartenarbeit noch bei der Feuerwehr, und wer „die Nase voll hat“, ist nicht erkältet.
❌ Das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben.
✅ Diesen Tipp sollten Sie sich merken.
7. Mehrdeutigkeit vermeiden
Missverständnisse lauern selbst an Stellen, an denen Sie weder Anspielungen noch bildliche Sprache oder sonst irgendein Kulturspezifikum verwenden. Denn unsere Grammatik erlaubt uns, Sätze wie diesen zu bilden: „Ich habe eine Frau mit einem Fernglas gesehen.“ Wer hat hier das Fernglas, ich oder die Frau? Das lässt sich ohne Kontext nicht eindeutig sagen. Mehrdeutigkeiten entstehen oft auch durch die Verwendung von Pronomen wie „sie“ oder „sein“. Vermeiden Sie, wenn es geht, Pronomen, die nicht absolut eindeutig sind.
❌ Maria kommt heute Abend doch nicht. Sag Klara, dass sie nächsten Donnerstag kommen kann. (Wer kommen kann, ist hier unklar, Maria oder Klara.)
✅ Maria kommt heute Abend doch nicht. Sag Klara, dass Maria nächsten Donnerstag kommen kann.
Tipps für die Gestaltung
1. Genug Platz lassen
Deutscher Text ist oft um die 20 % länger als englischer Text. Wenn aus dem Englischen übersetzt wird, ist dieser Punkt also noch wichtiger. Aber selbst, wenn die Ausgangssprache Deutsch ist, lohnt es sich, auf den Folien des Kurses um die Texte und Bilder herum Platz zu lassen. Denn erstens braucht Spanisch oft noch mehr Platz als Deutsch und zweitens müssen Dinge, die sich in der Ausgangssprache mit einem Ausdruck sagen lassen, in einer Übersetzung oft ergänzend erklärt werden.
Wenn Sie ein responsives Autorentool wie Rise verwenden, müssen Sie sich um diesen Punkt keine Sorgen machen, da das Layout automatisch angepasst wird, um alles optimal darzustellen.
Bei einem Folien-basierten Tool wie Storyline sollten Sie aber darauf achten, nicht zu viel Text auf die Folien zu packen, Bilder nicht zu eng an Textfelder zu setzen und Schaltflächen groß genug zu gestalten, dass auch längere Beschriftungen noch rein passen. Andernfalls bekommen Sie in den übersetzten Kursversionen dann Probleme, wie Sie sie es hier an einem Beispiel für Englisch-Französisch sehen:
Zu wenig Platz ❌
Englische Folie | Französische Folie |
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Genug Platz ✅
Englische Folie | Französische Folie |
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Aber was tun, wenn es schon zu spät ist und Sie in Storyline Texte haben, die über ihren vorgesehenen Platz hinausragen. Wenn Sie Articulate Localization zur Übersetzung des Kurses einsetzen, finden Sie mit der praktischen Layout-Problem-Suche alle problematischen Stellen sofort!
2. Keine Texte in Bilder einbetten
Wenn ein Kurs übersetzt werden soll, muss sämtlicher Text bearbeitbar sein. Denn Ihre Übersetzer müssen ja den deutschen Text entfernen und den Text ihrer Sprache einfügen.
Wenn Sie also Bilder in Ihrem Kurs haben, die Text enthalten, entfernen Sie ihn am besten oder, wenn das nicht geht, ersetzen Sie die Bilder durch welche ohne Text. Sonst haben Sie am Ende einen Kurs, der nur teilweise übersetzt ist.
3. Schriftarten wählen, die Sonderzeichen anderer Sprachen beinhalten
Wollten Sie auch schon mal eine Schriftart verwenden, nur um dann festzustellen, dass es in dieser Schriftart keine Umlaute oder kein „ß“ gibt? Dasselbe Problem haben auch E-Learning-Entwickler in Sprachen wie Französisch oder Polnisch, in denen es Sonderzeichen wie „ç“ oder „Ł“ gibt, die im Standardalphabet nicht auftauchen.
Wenn diese Sonderzeichen in einem Schriftartenpaket nicht vorgesehen sind, werden sie entweder durch das Zeichen in einer anderen Schriftart oder durch ein Platzhaltersymbol ersetzt. Im besten Fall sieht das unglaublich unprofessionell aus, im schlimmsten Fall kann es zu Missverständnissen kommen.
Wenn Sie die Systemschriftarten auf Ihrem Mac oder PC verwenden oder sich Schriftarten von Google herunterladen, wird in der Regel angezeigt, welche Sprachen diese Schriftart unterstützt.
4. Textformatierung schlicht halten
Textpassagen wirken optisch oft langweilig. Da liegt es nahe, einzelne wichtige Wörter durch Fett- oder Kursivschrift hervorzuheben. In Maßen kann das auch sinnvoll sein, bei der Übersetzung kann es aber zu Problemen kommen.
Und zwar dann, wenn Dinge, für die es im Deutschen nur ein Wort braucht, in anderen Sprachen mit einem Halbsatz ausgedrückt werden müssen oder wenn die Wortstellung in der Zielsprache so anders ist, dass die Wörter einer Phrase nicht nebeneinander stehen.
Je mehr Sie sich bei der Textformatierung zurückhalten, desto leichter machen Sie es dem Übersetzerteam und desto weniger fehleranfällig wird der Übersetzungsprozess.
Wenn aufwendigere Formatierung doch nötig sein sollte und Sie Ihre Kurse mit Articulate 360 erstellen, finden Sie hier zwei praktische Leitfäden:
- Formatierungstipps für KI-Übersetzungen in Rise
- Formatierungstipps für KI-Übersetzungen in Storyline
5. Landesspezifische Bilder und Symbole vermeiden
Nicht umsonst heißt es, ein Bild sage mehr als tausend Worte. Denn Bilder transportieren viele Nuancen und Untertöne. Diese sind aber in aller Regel sehr kulturspezifisch, also auch wieder eher problematisch für den Kontext der Übersetzung.
Wenn Sie an einem Kurs arbeiten, der übersetzt werden soll, ist es ratsam, neutrale Bilder und Symbole zu verwenden, wo immer es geht. Denn sonst erhöhen Sie den Aufwand für die Lokalisierung der Kurse erheblich (oder riskieren, dass die Kurse in den anderen Sprachen die falschen Informationen oder Konnotationen transportieren).
Anstatt einen Stapel Geldscheine mit einer konkreten Währung könnten sie z. B. einen Stapel unspezifischer Münzen verwenden.
Kulturspezifisches Bild ❌ | Kulturneutrales Bild ✅ |
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6. Symbolkraft von Farben bedenken
In westlichen Kulturen wird die Farbe Rot oft mit „falsch“ oder „verboten“ assoziiert. In China hingegen steht die Farbe meist für Glück und Wohlstand. Grün heißt bei uns „richtig“, in einigen Ländern Südamerikas aber ist es die Farbe des Todes.
Die kulturelle Bedeutung von Farben sollten Sie also auf jeden Fall recherchieren, wenn Sie Ihren Kurs für ein mehrsprachiges Publikum gestalten. Verwenden Sie im Zweifel lieber weniger Farben oder halten Sie sich an Farben, die in allen relevanten Kulturen als hinreichend neutral gelten.
7. Figuren sorgfältig auswählen
Figuren werden in E-Learning-Kursen oft eingesetzt, um den Lernenden zu zeigen, wie das Gelernte in der Praxis angewendet werden kann. Die Figuren sollten also so ausgewählt werden, dass die Lernenden sich mit ihnen identifizieren können.
Das kann schwierig werden, wenn Ihre Zielgruppe über den ganzen Globus verteilt ist. Ein möglicher Ausweg aus dieser Zwickmühle besteht darin, den Kursteilnehmern zu Beginn mehrere Figuren zur Auswahl zu geben. Eine weitere Möglichkeit ist, über den gesamten Kurs möglichst vielfältige Figuren zu verwenden, damit möglichst viele Lernende zumindest irgendwo im Kurs repräsentiert sind.
Ein letzter Tipp, wenn alle Stricke reißen
Nicht jeder Kurs lässt sich so aufbereiten, dass er zu 100 % für die Lokalisierung optimiert ist. Manchmal müssen Sie einfach Dinge wie Währungen, Maße oder andere kulturspezifische Text- oder Bildelemente einbauen. Das muss kein Beinbruch sein, solange Sie sich bemühen, diese Punkte so klein und selten wie möglich zu halten.
Je nach Thema des Kurses werden Sie es auch mit umfangreicheren Problemen zu tun haben, die mit Gepflogenheiten in bestimmten Ländern zu tun haben (wenn es z. B. um Kundenservice oder Akquisetelefonate geht).
Erstellen Sie am besten eine Liste mit allen Punkten, bei denen Sie wissen oder vermuten, dass kulturspezifische Anpassungen vorgenommen werden müssen. Versuchen Sie im Idealfall, diese Dinge mit Experten in der jeweiligen Zielsprache zu klären, bevor Sie den Kurs ans Übersetzungsteam schicken. Und wenn das nicht möglich ist, stellen Sie Ihren Übersetzern diese Liste zur Verfügung.
Fazit
Wenn Sie diese Tipps für E-Learning-Kurse, die übersetzt werden, im Hinterkopf behalten, wird nicht nur der Übersetzungsprozess reibungsloser verlaufen, auch die Lernenden anderer Sprachen werden sich abgeholt fühlen. Und wer sich abgeholt fühlt, der behält besser, was ihm erklärt wird. Und darum geht es uns ja schließlich, oder?
Wenn Sie sich vom ganzen Übersetzungsprozess immer noch etwas überfordert fühlen, freuen Sie sich vielleicht hierüber: Jetzt können Sie E-Learning-Kurse übersetzen, lektorieren und verwalten, ohne Articulate 360 zu verlassen.
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Noch viel mehr Tipps und Diskussionen rund um das Thema Übersetzung von E-Learning-Kursen finden Sie hier auf unserem Blog.