Was haben erstklassige Filme und Serien gemeinsam? Ein gutes Drehbuch. Das Drehbuch legt die Grundlagen für die Handlung und die Charaktere, gibt den Ton an und enthält alle Dialoge. Aber ein Drehbuch kann noch mehr: Es ist gleichsam die Blaupause für sämtliches kreatives Schaffen, das in die Produktion eines Films einfließt; vom Budget über die Drehorte, Kostüme und Maske bis hin zu den Spezialeffekten.
Schon Alfred Hitchcock soll gesagt haben:
„Um einen guten Film zu machen, braucht man drei Dinge – das Drehbuch, das Drehbuch und das Drehbuch.“
Aber was hat das jetzt mit E-Learning zu tun? In aller Regel haben E-Learning-Teams weder Millionenbudgets zur Verfügung noch wollen sie irgendwelche Stars für das Projekt engagieren. Aber gerade, wenn Sie Videos in Ihren Kurs einbauen oder gar das ganze Projekt aus einem Video besteht, sollten Sie am Drehbuch, im E-Learning heißt das dann oft Skript, nicht sparen. Im Gegenteil: Nehmen Sie sich ein Beispiel an den Filmemachern und konzentrieren Sie sich zu Beginn des Projektes darauf, ein hochkarätiges Skript zu verfassen. Denn ohne Skript können selbst alten Hasen die Schulungsvideoprojekte aus dem Ruder laufen. Ein Schulungsvideo muss schließlich mehr können als nur unterhalten, es muss das Verhalten der Zuschauer beeinflussen können.
Aber wie entfesseln Sie jetzt Ihren inneren Hitchcock? Wie Sie sich sicher schon gedacht haben, haben wir ein paar Tipps dazu.
1. Was für ein Video soll es werden?
Bei Schulungsvideos ist die Bandbreite fast so groß wie bei Kinofilmen. Da gibt es alles von „Dokumentationen“, bei denen z. B. kurz und knapp die Verwendung einer Software dargestellt wird, bis hin zu bombastischen Produktionen, die fast schon als waschechte Kurzfilme durchgehen – mit lebensechten Figuren und dramatischer Handlung.
In einigen Schulungsvideos gibt es einen Erzähler, der die Zuschauer auf die wichtigsten Punkte hinweist, in anderen folgen die Zuschauer den Charakteren durch eine Situation, in der sie sich selbst oft befinden oder bald befinden könnten, um dann für ihren Arbeitsalltag eigene Schlüsse aus der gezeigten Handlung zu ziehen.
Schulungsvideos können die unterschiedlichsten Formen annehmen. Bevor Sie sich also daran machen, das Skript zu schreiben, überlegen Sie, was Sie mit dem Video erreichen möchten und wie das Video dann aussehen muss, um dieses Ziel zu erreichen. Wenn Sie nicht wissen, wie Sie hier anfangen sollen, kann es oft schon helfen, sich auf YouTube durch verschiedene Schulungsvideos zu klicken und zu gucken, welcher Ansatz sich für Ihren Anwendungszweck am ehesten eignet.
2. Vor dem Skript kommt das Treatment
Genauso wie Sie für einen Folien-basierten E-Learning-Kurs am Anfang des Projekts eine kurze Zusammenfassung schreiben würden, um sie mit dem Auftraggeber und anderen Projektbeteiligten abzustimmen, sollten Sie für Ihr geplantes Video ein Treatment schreiben, bevor Sie sich daran machen, das komplette Skript zu entwerfen.
Ein solches Treatment kann ein schlichtes einseitiges Textdokument sein, in dem Sie Handlung und Figuren ganz grob umreißen. Dabei sollte das Treatment kurz genug sein, dass es die Empfänger schnell lesen und ohne Probleme verstehen können, aber detailliert genug, um ein plastisches Bild vom fertigen Video abzugeben. Um es noch genauer auszudrücken, sollte Ihr Treatment:
- die Lernziele des Videos klar machen,
- die Struktur des Videos, inkl. zentraler Punkte, verdeutlichen,
- die Charaktere und ihre Rollen in der Handlung vorstellen,
- Ihnen helfen, etwaige Schwachstellen in der Handlung oder andere potenziell verwirrende Elemente zu erkennen, bevor Sie mit dem Skript loslegen.
Aus diesen und anderen Gründen lohnt es durchaus, sich am Anfang eines E-Learning-Projektes kurz Zeit zu nehmen, um ein Treatment zusammenzuschreiben. Denn ein solches Treatment ist nicht nur ein guter Katalysator für die Kreativität, sondern spart im Verlauf des Projekts auch noch Zeit, die sonst für mühsame Korrekturen aufgewendet werden müsste.
Wenn Sie noch unsicher sind, wie ein solches Treatment aussehen soll, sehen Sie sich unsere kostenlose Vorlage an.
3. In der Kürze liegt die Würze
Egal ob Sie an einem E-Learning-Kurs oder einem Schulungsvideo sitzen (oder an einer Kombination), Prägnanz ist immer gut. Genau wie die Aufmerksamkeit der Lernenden bei zu langen Kursen zu schwinden droht, so schalten sie bei ellenlangen Videos – egal wie brillant konzipiert – über kurz oder lang ab.
Eine Länge von 3 bis 8 Minuten hat sich in unserer Erfahrung als perfekt erwiesen. Natürlich passt nicht jeder Stoff in diesen Zeitrahmen. Wenn das bei Ihrem Projekt der Fall ist, versuchen Sie den Inhalt in abgeschlossene Szenen aufzuteilen und Übergänge zwischen diesen Szenen einzubauen. Dann können Sie das Video nachher auch leicht in mehrere kürzere Videos aufteilen, die dann einzeln nacheinander angesehen werden können.
4. Natürlich ist natürlich besser
Ein schlechtes Skript (im E-Learning wie im Film) offenbart sich in der Regel durch künstlich oder gestelzt wirkende Dialoge. Vermeiden Sie das um jeden Preis! (Ein abschreckendes/unterhaltsames Beispiel schlechter Dialoge finden Sie in diesem Klassiker der US-amerikanischen Steuerbehörde.)
Konzentrieren Sie sich darauf, Szenen zu schreiben, die akustisch und optisch natürlich wirken. Auch hierzu haben wir ein paar Tipps:
- Mündlicher Stil. Lesen Sie sich Ihre Dialoge laut vor, und versuchen Sie, schriftsprachliche Elemente durch umgangssprachliche zu ersetzen (z. B. statt „gestern sprach ich mit einer Kundin“ lieber „gestern hab‘ ich mit einer Kundin gesprochen“).
- Zuschauer ansprechen. Ihre Zuschauer wollen von Ihrem Video etwas lernen. Sie erwarten, keinen Sermon vorgesetzt zu kriegen, sondern direkt angesprochen zu werden. Für das Skript bedeutet das, dass es einen persönlichen, ansprechenden Ton haben sollte. Vermeiden Sie also Formulierungen wie „Bevor es losgeht, möchte ich noch darauf hinweisen, dass die Lautstärke mit einem Klick auf das + und – angepasst werden kann.“ und schreiben/sagen Sie lieber „Wenn Sie das Video lauter oder leiser stellen möchten, klicken Sie einfach auf das + oder das –.“
- Im Aktiv formulieren. Das Passiv („Das Problem wurde der Vorgesetzten von der Mitarbeiterin gemeldet.“) klingt in der mündlichen Sprache oft trocken und sperrig. Wenn Sie Ihre Dialoge im Aktiv formulieren („Die Mitarbeiterin hat das Problem der Vorgesetzten gemeldet.“) klingt das nicht nur natürlicher, sondern ist auch noch kürzer!
- Keine Dialoge, deren Inhalt auf dem Bild zu sehen ist. Ihr Mitarbeiter im Verkauf sollte also z. B. nicht sagen „Der Kunde, der gerade reinkommt, sieht wütend aus.“, wenn im Bild der Kunde zu sehen ist, der ganz offensichtlich grimmig dreinblickt. Solche Dialoginhalte sind nicht nur langweilig, weil unmittelbar offensichtlich, sondern sie sorgen auch für Verwirrung bei den Schauspielern, denn eigentlich handelt es sich hierbei um eine Regieanweisung, und die sollten immer klar von den eigentlichen Dialogen getrennt werden.
Fazit
Ein Drehbuch zu schreiben, das spannend ist, das Lernziel unterstützt und für Regie und Schauspieler gleichermaßen klar und unmissverständlich ist, ist keine triviale Aufgabe – aber auch keine, die sich nicht mit etwas Übung meistern ließe. Sie werden sehen, mit den Tipps aus diesem Artikel können auch Sie bald schon Ihren nächsten oscarwürdigen Schulungsfilm drehen!
Für alle, die gerne noch mehr Tipps rund ums Schreiben hätten, haben wir noch jede Menge anderer Artikel auf Lager:
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