Heutzutage wird man kaum noch Instruktionsdesigner treffen, die nicht wissen, wie wichtig Barrierefreiheit in E-Learning-Kursen ist. So selbstverständlich wie das Thema für Sie ist, so sehr neigen andere Projektbeteiligte dazu, das Thema auszuklammern, sei es um Zeit zu sparen, oder Kosten, oder beides. Und wiederum andere werden darauf bestehen, dass doch keiner der Kursteilnehmer eine Behinderung hat und das Ganze daher unnötig oder sinnlos ist.
Doch Barrierefreiheit bedeutet Gleichheit und Gerechtigkeit, und deshalb ist es wichtig, dass wir uns für sie einsetzen und anderen Projektbeteiligten ihre Wichtigkeit klarmachen. Aber wie machen Sie das am besten? Wie können Sie so argumentieren, dass Sie Vorgesetzte und Auftraggeber von Ihrem Standpunkt überzeugen? Dazu möchten wir Ihnen 5 Argumentationslinien an die Hand geben.
1. Die Fakten
Jede Diskussion braucht eine Faktenbasis. Und die sollten Sie für Ihre Gesprächspartner etablieren. Fangen Sie Ihre Überzeugungsarbeit mit diesen Fakten an:
- Behinderungen sind verbreiteter, als Viele denken. Wussten Sie schon, dass ca. 15 % der Weltbevölkerung mit irgendeiner Form der Behinderung leben? Das ist keine vernachlässigbare Größenordnung. Wenn Sie auch auf Ihre Belegschaft zutrifft, wird ein erheblicher Teil nicht in vollem Umfang am Kurs teilnehmen können, wenn er nicht barrierefrei gestaltet ist.
- Mehr als 2,2 Milliarden Menschen haben eine Fehlsichtigkeit. E-Learning-Kurse mit Elementen wie Alt-Text, gutem Farbkontrast und Screenreader-Kompatibilität kommen diesen Menschen sehr entgegen.
- Untertitel für Audio- und Videoclips sorgen dafür, dass auch Menschen mit Hörschädigung am Kurs teilnehmen können. Und da die WHO davon ausgeht, dass bis 2050 ein Viertel der Weltbevölkerung auditive Einschränkungen hat, ist auch dieser Punkt keine Lappalie.
- Viele Behinderungen sind unsichtbar. Nur weil wir nicht wissen, dass jemand eine Behinderung hat, heißt das nicht, dass er oder sie keine hat. Etwa 61 % aller Mitarbeiter informieren ihren Arbeitgeber nicht über eine bestehende Behinderung. Wenn wir einfach annehmen, dass kein Mitglied unserer Zielgruppe eine Behinderung hat, liegen wir mit großer Wahrscheinlichkeit falsch.
- Situationsabhängige Einschränkungen betreffen jeden. Durch eine Verletzung am Auge zum Beispiel kann es dazu kommen, dass ein Mensch vorübergehend nicht gut sehen oder lesen kann. Eine gebrochene Hand im Gips kann die Mausbedienung nahezu unmöglich machen. Bestimmt haben auch Sie schon einmal Barrierefreiheitsfunktionen genutzt. Haben Sie z. B. schon mal versucht, in einer lauten Umgebung ein Video anzusehen, und dann die Untertitel eingeschaltet? Wenn es keine gegeben hätte, wären Sie vermutlich aufgeschmissen gewesen.
Das Ziel bei diesem Argument ist es, Ihren Gesprächspartnern zu vermitteln, dass nicht nur Menschen mit offensichtlichen Behinderungen, sondern alle Beteiligten von barrierefreien E-Learning-Kursen profitieren und dass schon kleine Anpassungen einen großen Unterschied machen können.
2. Ein Bild sagt mehr als 1ooo Worte
Fakten können eine hohe Überzeugungskraft entwickeln, manchmal muss man die Dinge jedoch sehen, um sie zu verstehen. Das Thema Farbkontrast können Sie viel besser vor Augen führen, indem Sie gute und schlechte Beispiele einander gegenüberstellen. Wenn Sie Ihre Fakten also dargelegt haben, zeigen Sie Ihren Auftraggebern, was für einen Unterschied es macht, Barrierefreiheit direkt im Design zu verankern.
Sie haben keine Zeit, ein eigenes Beispiel zu entwerfen? Keine Sorge, benutzen Sie einfach das folgende. Hier sieht jeder sofort, wie wichtig guter Kontrast für die Lesbarkeit von Textelementen ist.
Wenn Sie tiefer in das Thema Farbkontrast einsteigen möchten, empfehlen wir Ihnen unseren Blogartikel Gute Kontrastwerte für barrierefreie E-Learning-Kurse.
3. Unternehmerisch denken
E-Learning-Kurse barrierefrei zu gestalten, ist unternehmerisch sinnvoll, auch wenn das für Ihre Auftraggeber oder Vorgesetzten nicht unmittelbar offensichtlich ist. Hier sind ein paar wirtschaftliche Aspekte, die Sie hervorheben können:
- Barrierefreiheit erhöht die Reichweite Ihrer E-Learning-Kurse. Wie oben erwähnt haben etwa 15 % der Bevölkerung irgendeine Form von Behinderung. Fragen Sie Ihre Auftraggeber, ob Sie es sich leisten können (oder wollen) Ihre Zielgruppe um 15 % zu verkleinern oder 15 % ihrer Mitarbeiter außen vor zu lassen.
- E-Learning-Kurse sind effizienter, wenn sie barrierefrei gestaltet sind, selbst für Menschen ohne Behinderung. Das Ziel des E-Learning-Kurses ist es sicher, die Effizienz des Unternehmens zu erhöhen, und das sollte bestimmt auch für die Fortbildung selbst gelten.
- Die Qualität der E-Learning-Kurse kann sich auf den Unternehmensgewinn auswirken – in beide Richtungen. Wenn nicht gesichert ist, dass Ihre Schulungen die gesamte Belegschaft erreichen, auch die mit einer Behinderung, steigt das Risiko für Fehler im Betrieb, die nicht nur kostspielig, sondern auch gefährlich werden können. Weitere Kosten können entstehen, wenn Sie Mitarbeitern, die nicht am E-Learning-Kurs teilnehmen konnten, den Stoff auf andere Weise vermitteln müssen, z. B. durch Präsenzschulungen, die bekanntermaßen nicht billig sind.
- Wenn alle Stricke reißen, können Sie auch aufs Tapet bringen, dass es in einigen Fällen nicht nur sinnvoll, sondern auch gesetzlich vorgeschrieben ist, bestimmte Materialien barrierefrei zu gestalten.
Uns Instruktionsdesignern mögen diese Punkte trivial erscheinen, aber wenn Ihre Vorgesetzten Barrierefreiheit als unnötig abtun, haben sie diese Aspekte höchstwahrscheinlich noch nie bedacht.
4. Barrierefreiheit mit den Werten des Unternehmens verknüpfen
Jetzt, da die harten Fakten, Beispiele und wirtschaftlichen Aspekte barrierefreier E-Learning-Kurse klar sind, ist es Zeit, über Werte zu reden. Barrierefreiheit ist ein essenzieller Bestandteil einer inklusiven Unternehmenskultur. Alle Mitarbeiter sollten die gleichen Chancen haben, von Fortbildungsmaterialien zu profitieren. Mit barrierefreien E-Learning-Kursen zeigt ein Unternehmen, dass ihm seine Mitarbeiter am Herzen liegen und sie nicht nur Rädchen im Getriebe sind.
Die meisten Unternehmen haben einen offiziellen Wertekatalog, eine Vision oder Unternehmensphilosophie. Lesen Sie sich die Ihres Auftraggebers durch. Steht dort etwas von Gleichbehandlung, Demokratie, Teamgeist oder davon, dass die Menschen das wichtigste Gut des Unternehmens sind? Dann nutzen Sie das um zu verdeutlichen, dass barrierefreies E-Learning dazu beiträgt, diese Werte Wirklichkeit werden zu lassen.
5. Selbstbewusst auftreten
Wenn sich Ihre Auftraggeber immer noch schwertun mit dem Gedanken, ihre E-Learning-Kurse barrierefrei zu machen, weil sie es als zu teuer oder zu aufwändig einschätzen, erinnern Sie sie daran, dass sie in guten Händen sind. Sie sind es schließlich, der den Kurs erstellen wird, und Sie wissen, was Sie tun. Zeigen Sie, was Sie draufhaben, und betonen Sie, dass Sie keine Zweifel daran haben, einen attraktiven, barrierefreien E-Learning-Kurs zu erstellen. Nehmen Sie das Heft in die Hand und versichern Sie Ihren Auftraggebern, dass das Projekt trotz der Erweiterung um barrierefreie Funktionen im Zeit- und Kostenrahmen bleiben wird.
Zum Glück nehmen die heutigen Autorentools Ihnen einen Großteil der Arbeit im Hinblick auf Barrierefreiheit ab. Bei Rise 360 oder Storyline 360 z. B. sind jede Menge Barrierefreiheitsfunktionen schon eingebaut.
Sie sind sich trotzdem unsicher, ob Sie es schaffen, Ihren Kurs wirklich barrierefrei zu gestalten? Keine Sorge, wir haben jede Menge Informationen, Beispiele und Tipps für Sie direkt auf unserem Blog: Artikelsammlung zur Barrierefreiheit im E-Learning.
Weitere Lektüre
Sich für barrierefreie E-Learning-Kurse einzusetzen, ist kein leichtes Unterfangen. Aber wir hoffen Ihnen, mit den Argumenten in diesem Artikel eine erste Orientierung gegeben zu haben, wie Sie das Thema so darstellen können, dass Sie Ihre Auftraggeber und Vorgesetzte von Ihrem Standpunkt überzeugen können.
Haben wir Sie auf den Geschmack gebracht? Auf unserem Blog finden Sie noch mehr Artikel zum Thema barrierefreies und inklusives E-Learning:
- Inklusives E-Learning – warum ist es so wichtig?
- Artikelsammlung zur Barrierefreiheit im E-Learning
- 6 Tipps für noch mehr Barrierefreiheit im E-Learning
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