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Als E-Learning-Designer selbstständig machen oder nicht?

Als E-Learning-Designer selbstständig machen oder nicht?
Freiberufler werden oder nicht?

Ich kenne viele E-Learning-Entwickler, die angestellt arbeiten, aber insgeheim davon träumen, sich selbstständig zu machen. Wenn Sie diesen Artikel lesen, spielen Sie wahrscheinlich selbst mit dem Gedanken, diesen Schritt zu gehen. Aber das Leben eines Freiberuflers ist nicht immer rosig. Wie bei allem gibt es Vor- und Nachteile. Um herauszufinden, worin diese genau bestehen, habe ich mit den E-Learning-Entwicklern Philippe Siwinski, Ray Cole, David Tait, Russ Sawchuk, Bruce Graham, Ashley Chiasson und Matthew Bibby gesprochen. Sie alle waren irgendwann einmal selbstständig tätig. Unten habe ich meine Erkenntnisse aus diesen Gesprächen für Sie gebündelt, um Ihnen eine Entscheidungsgrundlage zu geben, ob das Freiberuflertum etwas für Sie ist oder nicht.

 

Vorteile

  • Arbeitsplatz und Arbeitszeit selbst bestimmen
  • Kein Pendeln zur Arbeit (außer Sie mieten sich ein externes Büro)
  • Arbeit selbstbestimmt annehmen oder ablehnen (wenn ein gewisser Kundenstamm da ist)
  • Der eigene Chef sein. Zumindest in der Theorie. Laut David Tait fühlt sich das nicht immer so an, da „jeder Kunde Ihr Chef ist – denn wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing‘.“
  • Große Nachfrage nach Freiberuflern
  • Den eigenen Ruf und die eigene Marke etablieren
  • Weniger vertane Zeit in Teambesprechungen, Mitarbeitergesprächen usw.
  • Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Menschen an ganz unterschiedlichen Projekten und Themen
  • Berechnung von Eil- und Wochenendzuschlägen
  • Bei Heimarbeit Erledigung von Alltagsaufgaben während der Arbeitszeit (die Waschmaschine läuft und die Kartoffeln kochen, während Sie weiterarbeiten)

 

Nachteile

  • Bei Heimarbeit: Risiko der Vereinsamung
  • Rechnungen werden oft erst 30 bis 75 Tage nach Lieferung des Auftrags beglichen.
  • Auslastung kann stark schwanken. Ray Cole dazu: „Das Einkommen (und die Wochenarbeitszeit) hat Höhen und Tiefen – und Flauten sind nicht selten. Zeiten hoher Auslastung sind oft Ferien und Feiertage. Als Freiberufler hatte ich über Weihnachten und Neujahr immer viel zu tun.“
  • Mehr Verwaltungsaufwand (Rechnungen stellen, Buchführung, Steuererklärung usw.). Matthew Bibby dazu: „Unternehmer zu sein ist aufwendig. Sie müssen Rechnungen stellen, Verträge aushandeln, Unterlagen für die Steuer archivieren, Kunden akquirieren, Fristen abstimmen, Kunden treffen, Ihre Website pflegen … aber bezahlt werden Sie für diese Arbeitszeit nur in den seltensten Fällen!“
  • Kein bezahlter Urlaub, keine bezahlten Krankheitstage oder andere Arbeitgeberleistungen (Kranken-, Renten-, Arbeitslosenversicherung …)
  • Urlaubsplanung kann schwierig sein. Ashley Chiasson hat gute Erfahrungen damit gemacht, Ihre Kunden lange im Voraus über Abwesenheiten zu informieren.
  • Keine Hilfe durch IT-Abteilung o. ä., wenn mal Computerprobleme auftauchen.
  • Trennung von Beruf und Privatleben ist schwieriger.
  • Weniger Platz in der Wohnung durch Schreibtisch usw.
  • Kredite beim Haus- oder Autokauf können problematischer sein.

 

Haben Sie das Zeug zum Freiberufler?

Wenn Sie sich die Vor- und Nachteile oben durchgelesen haben und immer noch unsicher sind, habe ich hier ein paar Fragen, die Ihnen vielleicht weiterhelfen.

  • Sind Sie versiert in der Entwicklung und Ausarbeitung von E-Learning-Kursen? Oft ist es eine gute Idee, zunächst als Angestellter Erfahrung zu sammeln und sich dann nach ein paar Jahren selbstständig zu machen. So können Sie von erfahrenen Kollegen lernen und Ihre eigenen Fähigkeiten ausbauen und sich ggf. spezialisieren.
  • Liegt ihnen Projektmanagement? Als Freiberufler sind Sie für den Ablauf Ihrer Projekte selbst verantwortlich. Wenn Sie darin noch gar keine Erfahrung haben, ist es auch hier eine gute Idee, erst in einem Unternehmen oder einem anderen Rahmen Erfahrung zu sammeln, bevor Sie den Schritt in die Selbstständigkeit tun.
  • Sind Sie ein geschickter Verkäufer? Als Freiberufler müssen Sie sich selbst gut darstellen können. Sie müssen Anderen vor Augen führen können, was Sie besonders macht und warum der Kunde gerade mit Ihnen zusammenarbeiten sollte. Im Marketing-Sprech hieße das: Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal?
  • Wie gut können Sie mit Unsicherheit leben? Im Leben eines Freiberuflers gibt es viele Höhen und Tiefen. Mal arbeitet man rund um die Uhr, mal sehnt man sich wochenlang nach dem nächsten Auftrag. Wenn Sie Sicherheit und Beständigkeit brauchen, ist die Selbstständigkeit vielleicht nicht der richtige Weg für Sie.
  • Haben Sie andere Einkommensquellen? Wie Russ Sawchuk anmerkt, ist der Schritt in die Selbstständigkeit deutlich leichter, wenn der Lebenspartner ein geregeltes Einkommen hat. Das heißt jetzt nicht, dass man als Single nicht selbstständig arbeiten kann! Es bedeutet nur, dass Sie vielleicht ein bisschen mehr gespart haben sollten, bevor Sie sich selbstständig machen.
  • Sind Sie eher introvertiert oder extravertiert? Wenn Sie eher extravertiert veranlagt sind, könnte Ihnen ein Heimbüro einsam vorkommen. Natürlich sind nicht alle Freiberufler introvertierte Menschen! Es gibt zahllose Möglichkeiten, als extravertierter Mensch auf eine ausreichende Dosis menschliche Interaktion zu kommen. Philippe Siwinski hat den Tipp, eine Bürogemeinschaft zu gründen oder einer bestehenden beizutreten oder zwischendurch mal mit dem Laptop vom Café aus zu arbeiten. Abendliche Verabredungen mit Freunden helfen natürlich auch.

 

Tipps für den Start in die Selbstständigkeit

Der Punkt, der beim Schritt in die Selbstständigkeit oft am meisten Angst macht, ist das Ausbleiben eines verlässlichen monatlichen Gehalts. Damit der Übergang möglichst reibungslos verläuft, hier ein paar letzte Tipps:

  • Bruce Graham empfiehlt, als Angestellter ein oder zwei Jahre nebenher freiberuflich zu arbeiten, um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob Ihnen diese Art der Arbeit liegt und wie viel Geld dabei herumkommt. Wenn Sie dabei merken, dass Ihnen die Selbstständigkeit nicht liegt, müssen Sie sich nicht nach einem neuen Job umgucken. Und wenn Sie merken, dass es Ihnen liegt, haben Sie schon einen kleinen Kundenstamm, wenn Sie richtig loslegen. Vergewissern Sie sich aber, dass Ihr aktueller Arbeitsvertrag Ihnen nicht verbietet, nebenher einer anderen Tätigkeit nachzugehen. Wenn doch, könnten Sie mit Ihrem Arbeitgeber über diesen Punkt verhandeln.
  • Sparen Sie genug Geld an, um sechs bis neun Monate davon leben zu können. So haben Sie einen Puffer, falls es ein bisschen dauert, bis Ihr Unternehmen sich finanziell trägt.

 

Fazit

Nicht jeder ist zum Freiberufler bestimmt. Bedenken Sie Ihre Persönlichkeit, Ihre Qualifikationen und Erfahrungen sowie Ihre finanzielle Situation, wenn Sie sich selbstständig machen wollen. Ich hoffe, die Tipps in diesem Artikel helfen Ihnen dabei, für sich die richtige Entscheidung zu treffen.

 

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