In E-Learning-Kreisen hört man bisweilen, dass Intuition und technischen Fähigkeiten des Kursentwicklers viel wichtiger seien als wissenschaftlich fundierte didaktische Grundsätze. Auf der einen Seite lässt man sich natürlich von seinen Fähigkeiten und seiner Intuition leiten, aber woher will man auf der anderen Seite wissen, ob man auf diese Weise nicht auch mal in die Irre geführt wird? Nehmen Sie nur mal das Thema dieses Artikels: Helfen Grafiken beim Lernen? Instinktiv würden Sie wahrscheinlich antworten, dass der Lerneffekt bei einer Kombination aus Text und Bild höher ist als bei reinem Text. Ruth Clark und Richard Mayer, die Autoren des Buchs E-Learning and the Science of Instruction, würden Ihnen vermutlich beipflichten.
In verschiedenen Studien, die Mayer und Clark durchführten, schnitten Lernende, die einen multimedialen Kurs (mit Illustrationen, Fotos, Videos, Diagrammen usw.) absolvierten, durchweg besser ab als diejenigen mit einem rein textbasierten Kurs. Durchschnittlich lag der Lernerfolg bei multimedialem Lernen um beachtliche 89 % höher.
Da möchte man doch Kurse, die aus nichts als Textblöcken bestehen, gleich über Bord werfen. Ja, schon – aber bei der Auswahl des visuellen Materials ist dennoch Vorsicht geboten, denn nicht alle Bilder wirken gleich gut. Lassen Sie uns also betrachten, wann Grafiken zum Lernerfolg beitragen und wann nicht.
Grafiken, die zum Lernerfolg beitragen
Wenn Sie Grafiken in Ihren E-Learning-Kurs einbauen möchten, die tatsächlich einen Mehrwert für das Verständnis bieten, sollten Sie sich auf Grafiken konzentrieren, die Beziehungen zwischen Dingen oder Konzepten veranschaulichen, den Stoff in Kategorien einordnen, Veränderungen im Laufe der Zeit illustrieren oder abstrakte Vorstellungen in einem Diagramm konkretisieren. Das sind also Tabellen, Graphen, Karten, Zeitrafferanimationen und Videos. Wenn Sie z. B. einen Kurs über die Funktionsweise von Telekommunikationsnetzwerken erstellen, könnten Sie eine Grafik wie die hier gezeigte einbauen, um die Zusammenhänge visuell darzustellen.
Weitere Beispiele für Grafiken, die zum Lernerfolg beitragen, finden Sie in unserem Artikel: 7 Verwendungszwecke für Grafiken im E-Learning.
Grafiken, die nicht zum Lernerfolg beitragen
Es wird wohl niemanden wundern, dass rein dekorative Grafikelemente niemandem dabei helfen, den Kursinhalt zu verstehen. Dennoch melden Lernende in der Regel zurück, dass Ihnen Kurse mit mehr dekorativen Elementen besser gefallen, auch wenn Sie keinen Erkenntniswert haben, solche Bildelemente sind also nicht unbedingt völlig wertlos.
Ähnliches gilt für rein darstellende Grafiken, also Grafiken, die einen einzelnen Gegenstand zeigen, selbst wenn sie inhaltlich zum Kurs passen. Wenn Sie z. B. einen E-Learning-Kurs zum Thema Impfen entwickeln und auf einer Folie das Bild einer Spritze einbauen, ist das Bild zwar inhaltlich passend, hilft den Teilnehmern aber nicht wirklich dabei, den vermittelten Stoff zu verstehen.
Fazit
Nur Grafiken, die dabei helfen, den vermittelten Stoff zu ordnen und/oder zu verstehen, haben eine Einfluss auf den Lernerfolg. Das heißt nicht, dass alle anderen – rein dekorativen – Gestaltungselemente ausgemerzt werden sollten. Kursteilnehmer wissen eine ansprechende Optik durchaus zu schätzen. Nur ablenken darf sie nicht.
Wenn Sie noch mehr über dieses Thema und andere wissenschaftliche Erkenntnisse zur E-Learning-Entwicklung erfahren möchten, legen wir Ihnen das Buch nahe, auf dem dieser Artikel basiert: E-Learning and the Science of Instruction von Ruth Clark und Richard Mayer.
Keine Zeit, 400 Seiten zu lesen? Kein Problem. Einige der Kernaussagen des Buchs haben wir in den folgenden Artikeln für Sie zusammengefasst:
- Das Redundanzprinzip: Sollten Sprechertexte auch auf dem Bildschirm angezeigt werden?
- Das Kohärenzprinzip im E-Learning – weniger ist mehr
- Das Kontiguitätsprinzip: Zusammengehörigkeit von Text und Bild
- Das Personalisierungsprinzip: So sprechen Sie Ihre Lernenden direkter an
Wenn Sie diesen Beitrag interessant fanden, abonnieren Sie doch unseren wöchentlichen Blognewsletter.