Für viele Instruktionsdesigner ist die Formulierung der Fragen für das Abschlussquiz eines E-Learning-Kurses der kniffligste Teil der Arbeit. Um sinnvolle Fragen formulieren zu können, aus deren Antworten sich ablesen lässt, ob die Teilnehmer den Stoff verstanden haben und in der Praxis anwenden können, müssen wir uns vergegenwärtigen, welche Lernziele wir für den Kurs gesteckt haben und wie sie im Kurs präsentiert wurden.
Oft verwenden wir dabei aber so viel Zeit und Energie auf die Formulierung der Fragen selbst, dass die Ablenker (so werden die falschen Antwortmöglichkeiten oft genannt) fast schon hinten runter fallen. Vermeiden können wir das, indem wir unseren gewohnten Kursdesignablauf umkehren und die Quizfragen zuallererst formulieren – noch bevor die erste Folie des eigentlichen Kurses entworfen wird. So können wir sicherstellen, dass die Inhalte des Kurses gezielt auf die Quizfragen hinführen.
Wem das zu unorthodox ist, sollte zumindest ausreichend Zeit für die Ausgestaltung der Quizfragen einplanen, um sie nicht kurz vor knapp hinhauen zu müssen, weil die Abgabefrist naht. Wenn hier gehudelt wird, endet das meist damit, dass die Ablenker viel zu offensichtlich falsch sind. Und dann bringt das ganze Quiz nichts. Der Sinn eines Abschlusstests ist es schließlich, herauszufinden, ob die Kursteilnehmer die Antworten wirklich wissen.
Wie schaffen Sie es also, plausible Antwortmöglichkeiten zu formulieren, die nicht zu offensichtlich, aber auch nicht zu subtil sind? In diesem Artikel möchten wir Ihnen dazu einige Tipps an die Hand geben.
1. Antwortmöglichkeiten auf realistischen Situationen basieren
Plausibel bedeutet „glaubwürdig“, also so nachvollziehbar oder einleuchtend, dass man glaubt, es sei wahr. Wenn Sie also an der Formulierung der Ablenker sitzen, fragen Sie sich: „Klingt das vernünftig? Ist das etwas, das jemand tatsächlich tun/sagen könnte?“
Falsche Antwortmöglichkeiten klingen dann am plausibelsten, wenn Sie sie an tatsächlichen Situationen orientieren, in denen jemand eine falsche Entscheidung getroffen hat. Bei einem E-Learning-Quiz geht es nicht darum, die Teilnehmer auszutricksen, sondern ihnen mehrere realistische Optionen anzubieten um zu überprüfen, ob sie – basierend auf dem Stoff des Kurses – die richtige Entscheidung treffen würden.
2. Mit den richtigen Leuten sprechen
Plausible Ablenker zu formulieren ist noch schwieriger, wenn Sie selbst kein Fachmann in der Materie sind. In solchen Fällen sollten Sie Andere zurate ziehen, z. B.:
- Einen SME: Wenn Sie einen Experten in der Materie kennen, sprechen Sie mit ihm! Er kann Ihnen bestimmt sinnvolle Beispiele aus der eigenen Erfahrung nennen.
- Ihren Auftraggeber: Wer Sie mit der Erstellung des Kurses beauftragt hat, hatte sicher seine Gründe dafür. Wenn einer der Gründe die Tatsache ist, dass Mitarbeiter Fehler in der Ausführung ihrer Tätigkeit machen, fragen Sie nach, welche Fehler das waren.
- Ihre Kursteilnehmer: Die Teilnehmer sollen von dem Kurs etwas lernen. Im Moment fehlen ihnen also bestimmtes Wissen oder bestimmte Fähigkeiten. Sprechen Sie, wenn möglich, mit einigen zukünftigen Teilnehmern des Kurses, um herauszufinden, wo ihr Wissensstand ist. Dabei bekommen Sie ein Gefühl dafür, welche Fehler sie eventuell machen.
Wenn Sie mit Menschen sprechen, die nah am Thema dran sind, bekommen Sie ein besseres Bild davon, wo Fehler gemacht werden und wie Probleme entstehen. Diese Informationen können Sie dann gezielt in plausible Ablenker umsetzen.
3. Die richtigen Fragen stellen
Achten Sie im Gespräch mit den oben genannten Personen darauf, dass Sie offene Fragen stellen, und lassen Sie den Antworten freien Lauf. Schreiben Sie mit oder bitten Sie Ihre Gesprächspartner, das Gespräch aufzeichnen zu dürfen. Man weiß nie, welcher unscheinbare Kommentar später noch nützlich sein kann. Hier sind ein paar Ideen für Fragen, die Sie stellen können:
SMEs und Manager:
- Welche Fehler haben Sie in der Vergangenheit bei Thema des Kurses beobachtet?
- Was sind verbreitete Mythen oder Fehlinformationen, die zu Thema des Kurses im Umlauf sind?
Kursteilnehmer:
- Was hat Sie an Thema des Kurses schon immer verwirrt?
- Was haben Sie sich zu Thema des Kurses schon immer gefragt?
- Erzählen Sie mir von einer eigenen Fehlentscheidung im Zusammenhang mit Thema des Kurses.
- Welche Hindernisse stehen Ihnen bei der Ausführung der Tätigkeit X (Lernziel des Kurses) im Weg?
Scheuen Sie sich nicht, nachzuhaken. Lassen Sie dem Gespräch seinen natürlichen Lauf. Wenn sich der Gesprächsfluss zu einer Frage erschöpft, gehen Sie zur nächsten Frage in Ihrer Liste über.
Fazit
Mit Menschen gezielt über Fehler zu reden, die in der Vergangenheit gemacht wurden, ist zeitaufwendig, keine Frage. Aber es gibt keine sinnvollere Art, an plausible Ablenker zu kommen, mit denen die Kursteilnehmer wirklich herausgefordert werden. Wenn Sie feststellen möchten, ob der vermittelte Stoff wirklich ankam, ist es wohlinvestierte Zeit.
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