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8 Fragen, die sich E-Learning-Designer bei der Formatierung und Wahl von Schriftarten stellen sollten

8 Fragen, die sich E-Learning-Designer bei der Formatierung und Wahl von Schriftarten stellen sollten
5_Überlegungen_zur_Auswahl_von_Schriftarten_im_E-Learning

Die Schriftarten für einen E-Learning-Kurs auszuwählen, kann ganz schön überwältigend sein, gibt es doch Tausende, und viele davon sogar kostenlos. Gerade wenn Sie vom Auftraggeber keinerlei Vorgaben bekommen haben, ist die Gefahr nicht klein, dass Ihre Schriftartauswahl aus dem Ruder läuft.

Und wenn Sie Ihre Schriftarten gefunden haben, müssen Sie sie auch noch formatieren – in unterschiedlichen Farben, fett, kursiv, unterstrichen … das sind eine ganze Menge Entscheidungen!

Und diese Entscheidungen sind alles andere als trivial, denn vergessen Sie nicht: Die Schriftarten, die Sie in Ihren Kursen verwenden, haben einen direkten Einfluss darauf, wie leicht die Lernenden den Stoff aufnehmen.

Nach welchen Kriterien geht man also bei der Auswahl der Schriftarten vor? Das wollen wir in diesem Artikel behandeln, und zwar anhand von acht Fragen, die Sie sich stellen sollten, damit Ihre Texte nicht nur gut aussehen, sondern auch so lesbar wie möglich sind. Die Kursteilnehmer werden es Ihnen danken!

1. Sind meine Schriftarten gut lesbar?

Diese Frage ist die allerwichtigste, denn schließlich wollen Sie mit Ihren Texten Informationen vermitteln. Wenn der Lesefluss durch eine ungünstige Schriftart gestört wird, wirkt sich das negativ auf den Lerneffekt aus.

Schreiben Sie probeweise ein paar Sätze in den Schriftarten, die Sie in Erwägung ziehen, und sehen Sie selbst, wie gut Sie sie lesen können. Schlichte, schnörkellose Schriftarten sind z. B. immer besser lesbar als kalligrafisch „interessantere“.

Im folgenden Beispiel sehen Sie, was wir meinen.

2. Ist der Text groß genug?

Wenn Sie einen textlastigen Kurs haben, ist die Verlockung groß, die Schriftgröße zu reduzieren, um mehr Stoff auf den Folien unterzubringen. Aber je kleiner der Text, desto schlechter lässt er sich lesen. Sie wollen schließlich nicht, dass Ihre Teilnehmer die Lupe zücken müssen, um die Texte lesen zu können.

Wie klein ist denn zu klein? Die meisten Web-Designer sind der Meinung, dass alles unter 12 Punkt (16 Pixel) grenzwertig ist. Ideal sind Schriftgrößen um die 16 Punkt (21 Pixel). Falls Sie das wundert, sehen Sie sich mal folgendes Beispiel an.

Im Beispiel links hat die Überschrift 14 Punkt, der Absatz 12 Punkt. Im Beispiel rechts sind es 40 Punkt in der Überschrift und 18 Punkt im Absatz.

Was können Sie besser lesen?

3. Hebt sich der Text farblich gut vom Hintergrund ab?

Ein weiterer Punkt ist das Zusammenspiel von Text und Hintergrund. Wenn der Kontrast hier nicht hoch genug ist, wird es schwer, den Text noch zu lesen. Das folgende Beispiel macht es überdeutlich:

Sehen Sie, was für einen Unterschied Farbgebung und Kontrast machen?

Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Kontrast hoch genug ist, nutzen Sie Kontrastprüfprogramme wie dieses, um den Kontrast zu messen und ggf. anzupassen.

Nach den Standards der WCAG sollte der Kontrast für kleineren Text* mindestens 4,5:1 und für größeren Text* mindestens 3:1 betragen. Das sind aber Mindestwerte, und ein Verhältnis von 7:1 für kleinen Text und 4,5:1 für großen Text ist deutlich angenehmer zu lesen. Mit diesen Werten tragen Sie zur Barrierefreiheit bei und können sichergehen, dass die allermeisten Teilnehmer ohne Hilfsmittel an Ihrem Kurs teilnehmen können.

4. Macht die Formatierung meine Texte schlechter lesbar?

Wenn Sie Textpassagen hervorheben möchten, liegt es nahe, ihn z. B. kursiv zu setzen oder zu unterstreichen. Und vielleicht meinen Sie, dass dieser oder jener Absatz zentriert oder im Blocksatz besser aussieht. Treffen Sie solche Formatierungsentscheidungen aber mit Bedacht, denn sie können den Text tatsächlich schwerer lesbar machen.

Auch hierzu ein Beispiel:

Sehen Sie, was Formatierung für eine Wirkung auf die Lesbarkeit haben kann? Lassen Sie uns die verschiedenen Formatierungselemente einzeln durchsprechen:

  • Unterstreichung: Unterstrichener Text ist nicht nur schwerer lesbar, er kann auch verwirren, denn in der digitalen Welt deuten unterstrichene Wörter oft auf ein klickbares Element hin. Wenn es sich bei Ihrer Passage also nicht um einen Link handelt, streichen Sie die Unterstreichung.
  • Kursivsatz: Kursiver Text ist schwerer lesbar, weil die Linien der Buchstaben nicht mehr gerade und glatt verlaufen. Formatieren Sie Text statt kursiv lieber fett. Fettgesetzter Text zieht die Aufmerksamkeit auf sich, ohne die Lesbarkeit zu beeinträchtigen.
  • Textausrichtung: Zentrierter Text ist schwerer lesbar, weil die Zeilen nicht immer an derselben Stelle beginnen. Das macht die Zeilenübergänge mühsamer für Auge und Hirn. Blocksatz sieht vielleicht sauber und ordentlich aus – weil die Ränder so schön parallel sind – ist aber oft auch schwerer lesbar, weil die Abstände zwischen den Wörtern uneinheitlich sind. Linksbündiger Text ist in den allermeisten Fällen besser.

5. Passen meine Schriftarten zum Inhalt des Kurses?

Ihre Schriftarten sollten zum Thema des Kurses und zur Zielgruppe passen. „Schreibschrift“ oder andere verspielte Schriftarten können in Kursen mit leichteren Inhalten für Auflockerung sorgen, bei ernsthafteren Themen sind sie aber fehl am Platz.

Können Sie sich einen E-Learning-Kurs zum Thema Rechnungswesen vorstellen, der wie im Beispiel links gestaltet ist?

 

Die verspielte Schriftart links suggeriert, dass der Inhalt nicht wirklich ernst genommen werden muss. Und das wäre bei diesem Thema natürlich alles andere als erwünscht.

6. Passen meine Schriftarten zueinander?

Die Schriftarten innerhalb eines E-Learning-Kurses müssen zueinander passen. Hier gibt es selbstverständliche keine goldenen Regeln, was wozu passt. Einiges liegt im Auge des Betrachters. Allgemein lässt sich aber sagen, dass fette, klobigere Schriftarten sich besser für Überschriften eignen, während Fließtexte in eleganteren, leichteren Schriftarten besser lesbar sind.

Im untenstehenden Beispiel sehen Sie, wie sich links durch die Kombination zweier fetter Schriftarten nur schwer zwischen Überschrift und Fließtext unterscheiden lässt. Im rechten Beispiel ist diese Zweiteilung auf den ersten Blick erkennbar.

Hier ist ein unvoreingenommenes Herangehen gefragt. Probieren Sie mehrere Kombinationen von Schriftarten aus, und entscheiden Sie mit kühlem Kopf, welche sich am besten ergänzen. Fallen die Überschriften unmittelbar ins Auge? Das ist wichtig, denn Überschriften sind dazu da, die Aufmerksamkeit der Kursteilnehmer auf sich zu ziehen.

7. Verwende ich zu viele verschiedene Schriftarten?

Eine Design-Faustregel besagt, dass in einem Kurs nicht mehr als zwei, höchstens drei, verschiedene Schriftarten verwendet werden sollten. Eine für die Überschriften, eine zweite für Fließtexte und vielleicht eine dritte für Zitate, Bildunterschriften oder andere kleine Akzente.

Sehen Sie sich die folgende Folie an:

Und jetzt im Vergleich dazu diese:

Merken Sie, wie viel einheitlicher und ruhiger die zweite Folie wirkt? Statt vieler verschiedener Schriftarten enthält sie nur zwei: eine für die Überschriften und eine für alles andere.

8. Funktionieren meine Schriftarten in anderen Sprachen?

Wenn Ihr Kurs in andere Sprachen übersetzt werden soll, sollten Sie das bei der Auswahl der Schriftart ebenfalls bedenken. Nicht in allen Schriftarten sind alle Zeichen, die in Sprachen wie Französisch oder Polnisch benötigt werden, vorhanden.

Im Französischen wird z. B. der Buchstabe „ç“ verwendet. Wenn er in der von Ihnen gewählten Schriftart aber nicht zur Verfügung steht, wird er meist in einer anderen Schriftart dargestellt, in der er vorhanden ist. Das sieht dann so aus.

Und das ist noch der günstigste Fall! Manchmal wird statt des fehlenden Buchstaben auch einfach � oder □ angezeigt.

Das ist natürlich alles andere als wünschenswert. Prüfen Sie deshalb immer, ob Ihre Schriftarten alle Sonderzeichen enthalten, die in den Sprachen gebraucht werden, in die der Kurs übersetzt werden soll. Zum Glück enthalten heutzutage viele Schriftartdateien Informationen darüber, für welche Sprachen sich die Schrift eignet.

Fazit

Stellen Sie sich bei Ihrem nächsten E-Learning-Projekt diese acht Fragen. Ihre Lernenden werden es Ihnen danken, denn klare, lesbare Schriftarten können Wunder wirken für den Spaß, mit dem der Kurs absolviert wird, und nicht zuletzt auch für den Lernerfolg.

Mehr Tipps zum Thema Schriftbild und Lesbarkeit finden Sie in unseren Artikeln:

 

* kleiner Text = kleiner als 14 Punkt fett oder 18 Punkt normal
** großer Text = größer als 14 Punkt fett oder 18 Punkt normal

 

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