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Das Redundanzprinzip: Sollten Sprechertexte auch auf dem Bildschirm angezeigt werden?

Das Redundanzprinzip: Sollten Sprechertexte auch auf dem Bildschirm angezeigt werden?
Das Redundanz-Prinzip

Bauen Sie in der Regel in Ihren E-Learning-Kursen die Texte, die in einer Audiodatei vorgelesen werden, auch schriftlich ein? Da sind Sie bei Weitem nicht allein. Allerdings: Nur weil es eine verbreitete Praxis ist, heißt das noch nicht, dass es auch immer eine gute Idee ist. In diesem Artikel wollen wir besprechen, was die Wissenschaft zum Einsatz redundanten Texts in E-Learning-Kursen zu sagen hat.

Wann redundanter Text eher stört

Wie Richard Mayer und Ruth Clark in ihrem Buch E-Learning and the Science of Instruction darlegen, haben mehrere Studien gezeigt, dass es, wenn Stoff mithilfe von Bildern und gesprochenem Text vermittelt wird, besser ist, den gesprochenen Text nicht auch noch auf dem Bildschirm anzuzeigen.

Dafür gibt es vermutlich zwei Gründe:

  1. Menschen können nur schlecht mehrere optische Informationen gleichzeitig verarbeiten. Wenn sie den Text lesen, können sie sich kaum auf die Bildinhalte konzentrieren.
  2. Die Lernenden verwenden unter Umständen mehr kognitive Kapazität darauf, den gelesenen Text mit dem gehörten zu vergleichen, als darauf, den Inhalt des Textes zu verstehen.

Wenn Kursteilnehmer zu viele Informationen gleichzeitig verarbeiten müssen, kann das leicht ihre Aufnahmekapazitäten überschreiten. Und dann bleibt vom behandelten Stoff kaum etwas hängen. Deshalb sollte redundanter Text nicht eingesetzt werden, wenn zur Stoffvermittlung grafisches Material verwendet wird.

Wann redundanter Text hilfreich ist

Das heißt natürlich nicht, dass Sie gesprochenen Text nie schriftlich auf dem Bildschirm anzeigen sollten. Mayer und Clark führen weiter aus, dass redundanter Text in einigen Fällen die Aufnahme des Stoffs begünstigen kann. Zum Beispiel:

  • wenn keinerlei Bildmaterial verwendet wird;
  • wenn der Inhalt langsam genug präsentiert wird bzw. die Lernenden die Geschwindigkeit beeinflussen können, sodass genug Zeit bleibt, Bilder und schriftlichen Text zu verarbeiten;
  • wenn der redundante Text sich auf ein paar Stichworte beschränkt, die das gezeigte Bildmaterial unterstützen;
  • wenn der Text Anweisungen enthält, auf die später Bezug genommen wird;
  • wenn der gesprochene Text schwer verständlich ist, z. B. weil unbekannte Fachbegriffe verwendet werden, oder weil in einer Fremdsprache gesprochen wird, oder weil einige Teilnehmer schwerhörig und/oder lernbehindert sind. Wenn Sie einen Kurs für eine heterogene Zielgruppe erstellen, kann es eine gute Idee sein, Untertitel einzubauen, die von den Lernenden bei Bedarf (de)aktiviert werden können.

In den hier genannten Fällen unterstützt der redundante Text die Aufnahme des Stoffs und führt zu besseren Lernergebnissen.

Fazit

Ob es hilfreich oder hinderlich ist, vorgelesenen Text redundant schriftlich auf dem Bildschirm einzubauen, hängt stark vom jeweiligen Projekt und seiner Zielgruppe ab. Die oben wiedergegebenen Erkenntnisse können Ihnen bei Ihrem nächsten Kurs helfen, zu entscheiden, ob Sie redundanten Text einbauen sollten oder nicht.

In diesem Beispiel sehen Sie verschiedene Varianten, wie redundanter Text sinnvoll eingesetzt werden kann.

Weitere Lektüre

Wenn Sie noch mehr über dieses Thema und andere wissenschaftliche Erkenntnisse zur E-Learning-Entwicklung erfahren möchten, legen wir Ihnen das Buch nahe, auf dem dieser Artikel basiert: E-Learning and the Science of Instruction von Ruth Clark und Richard Mayer.

Keine Zeit, 400 Seiten zu lesen? Kein Problem. Einige der Kernaussagen des Buchs haben wir in den folgenden Artikeln für Sie zusammengefasst:

 

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