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Wie wählt man die Bestehensgrenze für ein E-Learning-Quiz?

Wie wählt man die Bestehensgrenze für ein E-Learning-Quiz?
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Das Quiz ist oft einer der schwierigsten Teile in der Entwicklung eines E-Learning-Kurses. Geeignete Fragetypen wollen ermittelt werden, die Fragen optimal  formuliert, plausible falsche Antworten entworfen, sinnvolles Feedback verfasst … alles nicht einfach.

Und am Ende muss jeder Frage noch ein Punktwert zugewiesen und für den Test eine Bestehensgrenze festgelegt werden. Bei diesen beiden Entscheidungen greifen viele E-Learning-Designer leider einfach auf Standardwerte zurück. Wer jedoch tatsächlich feststellen möchte, wie viel der Kurs gebracht hat und wie gut die Lernenden den Stoff wirklich beherrschen, sollte sich mehr Gedanken dazu machen. Denn schließlich soll sich der Wirkungsgrad des Kurses am Ende in betriebswirtschaftliche Kennzahlen (KPIs) übersetzen lassen, damit Sie und Ihr Team dem Unternehmen schlüssig darlegen können, wie wertvoll der Kurs war.

Im Folgenden haben wir einige Leitgedanken zusammengestellt, nach denen Sie den Quizfragen in Ihren Kursen sinnvoll Punktwerte zuweisen und eine angemessene Bestehensgrenze festlegen können.

Sinnvolle Punktwerte für Fragen finden

Jede Frage in Ihrem Quiz hat einen bestimmten Wert, meist in Punkten. Mithilfe dieser Punkte wird später die Bestehensgrenze festgelegt. Bei der Frage, wie viele Punkte eine Frage wert sein soll, sollten Sie überlegen:

  • wie schwierig die Frage ist;
  • wie wichtig diese Frage im Kontext des gesamten Lernstoffs ist.

Manche Fragen sind wichtiger als andere. Als Beispiel hier zwei Fragen aus einem Einweisungs-Quiz für neue Angestellte:

Frage 1 Frage 2
Wo finden Sie den Signatur-Text für Unternehmens-E-Mails?

  1. In der Dokumentenbibliothek
  2. In SharePoint
  3. In Google Drive
Welche der folgenden Handlungen stellt einen Datenschutzverstoß dar, der mit erheblichem Bußgeld geahndet wird?

  1. Unbefugtes Lesen von Dokumenten
  2. Unsachgemäße Ablage persönlicher Dokumente
  3. Herunterladen finanzieller Unterlagen

Eine dieser Fragen ist eindeutig wichtiger als die andere. Bei der Überlegung, wie wichtig eine Frage im Rahmen des Kursmaterials ist, fragen Sie sich, was passieren würde, wenn der Lernende die nötigen Informationen NICHT hätte. Im Fall von Frage 1 würde vielleicht eine E-Mail ohne oder mit der falschen Signatur verschickt. Im Fall von Frage 2 könnte dem Unternehmen ein hohes Bußgeld drohen. Es liegt auf der Hand, dass Frage 2 mehr Punkte wert sein sollte als Frage 1, oder?

Angemessene Bestehensgrenze festlegen

Als Bestehensgrenze bezeichnet man die Punktzahl, ab der ein Lernender das Quiz besteht. Doch wie hoch sollte sie gesetzt werden? 50 %, 80 %, oder gar 100 %? Sollte man das Quiz wiederholen können, wenn man beim ersten Mal durchfällt? Wenn ja, wie oft? Eine pauschale Antwort ist hier nicht möglich. Jeder Kurs und jeder fachliche Kontext ist anders. Bedenken Sie, was in Ihrem Kurs vermittelt wird, warum der Stoff gelernt wird und was tatsächlich passieren würde, wenn Kursteilnehmer durchfallen und den Stoff nicht verinnerlicht haben.

Die Bestehensgrenze sollten Sie ebenso wie die Frage, ob und wie oft das Quiz wiederholt werden kann, in der Planungsphase der Kursentwicklung mit den Auftraggebern besprechen. Hierbei ist besonders zu beachten, ob es Gesetze oder Vorschriften gibt, die eine bestimmte Bestehensgrenze fordern. Das kann bei Compliance-Trainings der Fall sein. Wenn es keine solchen Vorgaben gibt, ist es immer eine gute Idee, sich die Bestehensgrenze vom Auftraggeber absegnen zu lassen.

Die Bestehensgrenze, die Sie wählen, hängt von der Schwierigkeit des Lernstoffs und von der Wichtigkeit für den Arbeitsalltag der Lernenden ab. Bei einer Einweisung für neue Angestellte ist die Bestehensgrenze schon auch wichtig, aber vielleicht nicht von elementarer Bedeutung. Bei einer Weiterbildung für medizinisches Fachpersonal sieht es da schon ganz anders aus.

Letztlich ist es an Ihnen und Ihrem Team, die Bestehensgrenze für jeden einzelnen Kurs festzulegen. Hier einige Überlegungen, die Ihnen dabei helfen können:

  • Stellen Sie sicher, dass die Person, die die Bestehensgrenze festlegt, die richtige dafür ist, sprich: eine Person mit dem nötigen Know-how, um die Wichtigkeit der Bestehensgrenze und des gesamten Quiz im fachlichen Kontext einordnen zu können.
  • Vergewissern Sie sich, dass Sie artikulieren können, weshalb Sie die Bestehensgrenze so gewählt haben und nicht anders: Wenn man nur mit 100 % besteht, weshalb? Wenn selbst 50 % schon reichen, warum?

Bedenken Sie, dass eine Bestehensgrenze von 100 % frustrierend wirken kann, besonders wenn derselbe Kurs mit haargenau demselben Quiz wiederholt werden muss, um zu bestehen. Damit verleiten Sie die Lernenden schnell zum Raten, anstatt wirklich verinnerlichtes Wissen abzufragen. Wenn Sie also die Bestehensgrenze und die Anzahl der möglichen Wiederholungen festlegen, denken Sie immer daran, wie sich das vermutlich auf die Lernerfahrung auswirkt.

Fazit

Wenn Sie sich die Zeit nehmen, die Punktwerte der einzelnen Fragen sinnvoll zu gestalten und die Bestehensgrenze je nach Kontext mit Bedacht zu wählen, wird Ihr nächstes Quiz deutlich fairer, angenehmer und relevanter für die Lernenden.

Interessiert Sie die Wissenschaft hinter der Festlegung von Bestehensgrenzen? Es gibt tatsächlich einiges an spannender Lektüre zu diesem Thema, z. B. zur Nedelsky-Methode, zur Angoff-Method oder zur Ebel-Methode.

Zur Festlegung der Bestehensgrenze in Storyline 360 und Rise 360 gibt es auf unseren Blogs noch mehr interessante Artikel:

 

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